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HEGEL - Religion
G.W.F. Hegel
Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes
Dreizehnte Vorlesung
Die allgemeine Form des Prozesses wurde als die Vermittlung mit sich selbst, die das Moment der Vermittlung mit Anderem so enthält, daß das Andere als ein Negiertes, Ideelles gesetzt ist, angegeben. Gleichfalls ist derselbe, wie er als der religiöse Gang der Erhebung zu Gott im Menschen vorhanden ist, in seinen näheren Momenten vorgestellt worden. Wir haben nun mit der gegebenen Auslegung von dem Sicherheben des Geistes zu Gott diejenige zu vergleichen, die in dem förmlichen Ausdrucke, welcher ein Beweis heißt, vorhanden ist.
Der Unterschied erscheint als gering, ist aber bedeutend und macht den Grund aus, warum solches Beweisen als unzulänglich vorgestellt und im allgemeinen aufgegeben worden ist. Weil das Weltliche zufällig ist, so ist ein absolut notwendiges Wesen; dies ist die einfache Weise, wie der Zusammenhang beschaffen ist. - Wenn hierbei ein Wesen genannt ist und wir nur von absoluter Notwendigkeit gesprochen haben, so mag diese auf solche Weise hypostasiert werden, aber das Wesen ist noch das unbestimmte, das nicht Subjekt oder Lebendiges, noch viel weniger Geist ist; inwiefern aber im Wesen als solchem eine Bestimmung liegt, welche hier doch von Interesse sein kann, davon soll nachher gesprochen werden.
Das zunächst Wichtige ist das Verhältnis, das in jenem Satze angegeben ist: weil das Eine, das Zufällige, existiert, ist, so ist das Andere, das Absolut-Notwendige. Hier sind zwei Seiende im Zusammenhange - ein Sein mit einem anderen Sein -, ein Zusammenhang, den wir als die äußere Notwendigkeit gesehen haben. Diese äußere Notwendigkeit aber ist es eben, die unmittelbar als Abhängigkeit, in welcher das Resultat von seinem Ausgangspunkte steht, überhaupt aber der Zufälligkeit verfallend, für unbefriedigend erkannt worden ist. Sie ist es daher, gegen welche die Protestationen gerichtet sind, die gegen diese Beweisführung eingelegt werden.
Sie enthält nämlich die Beziehung, daß die eine Bestimmung, die des absolut notwendigen Seins, vermittelt ist durch die andere, durch die Bestimmung des zufälligen Seins, wodurch jenes als abhängig im Verhältnis und zwar eines Bedingten gegen seine Bedingung gestellt wird. Dies ist es vornehmlich, was Jacobi überhaupt gegen das Erkennen Gottes vorgebracht hat, daß Erkennen, Begreifen nur heiße, 'eine Sache aus ihren nächsten Ursachen herleiten oder ihre unmittelbaren Bedingungen der Reihe nach einsehen' (Briefe über die Lehre des Spinoza *S. 419); 'das Unbedingte begreifen, hieße also, es zu einem Bedingten oder zu einer Wirkung zu machen'. Die letztere Kategorie, das Absolut-Notwendige als Wirkung anzunehmen, fällt jedoch wohl sogleich hinweg; dies Verhältnis widerspricht zu unmittelbar der Bestimmung, um die es sich hier handelt, dem Absolut-Notwendigen. Aber das Verhältnis der Bedingung, auch des Grundes, ist äußerlicher, kann sich leichter einschleichen. Dasselbe ist allerdings in dem Satze vorhanden: weil Zufälliges ist, so ist das Absolut-Notwendige.
Indem dieser Mangel zugegeben werden muß, so fällt dagegen sogleich dies auf, daß solchem Verhältnisse der Bedingtheit und Abhängigkeit keine objektive Bedeutung gegeben wird. Dies Verhältnis ist ganz nur im subjektiven Sinne vorhanden; der Satz drückt nicht aus und soll nicht ausdrücken, daß das Absolut-Notwendige Bedingungen habe, und zwar durch die zufällige Welt bedingt sei, - im Gegenteil. Sondern der ganze Gang des Zusammenhanges ist nur im Beweisen; nur unser Erkennen des absolut notwendigen Seins ist bedingt durch jenen Ausgangspunkt; nicht das Absolut-Notwendige ist dadurch, daß es sich erhöbe aus der Welt der Zufälligkeit und dieser zum Ausgangspunkt und Voraussetzung bedürfte, um von ihr aus erst zu seinem Sein zu gelangen. Es ist nicht das Absolut-Notwendige, es ist nicht Gott, der als ein Vermitteltes durch Anderes, als ein Abhängiges und Bedingtes gedacht werden solle. Es ist der Inhalt des Beweises selbst, welcher den Mangel korrigiert, der allein an der Form sichtbar wird. So haben wir aber eine Verschiedenheit, ein Abweichen der Form von der Natur des Inhaltes vor uns, und die Form ist das Mangelhafte bestimmter darum, weil der Inhalt das Absolut-Notwendige ist. Dieser Inhalt ist selbst nicht formlos in sich, was wir auch in der Bestimmung desselben gesehen; seine eigene Form, als die Form des Wahrhaften, ist selbst wahrhaft, die von ihm abweichende daher das Unwahrhafte.
Nehmen wir, was wir Form überhaupt geheißen haben, in seiner konkreteren Bedeutung, nämlich als Erkennen, so befinden wir uns mitten in der bekannten und beliebten Kategorie des endlichen Erkennens, das als subjektives überhaupt endlich und der Gang seiner wissenden Bewegung als ein endliches Tun bestimmt ist. Damit tut sich dieselbe Unangemessenheit, nur in anderer Gestalt auf. Das Erkennen ist endliches Tun, und solches Tun kann nicht Erfassen des Absolut-Notwendigen, des Unendlichen sein. Erkennen erfordert überhaupt, den Inhalt in sich zu haben, ihm zu folgen; das Erkennen, das den absolut notwendigen, unendlichen Inhalt hat, müßte selbst absolut notwendig und unendlich sein. So befänden wir uns auf dem besten Wege, uns wieder mit dem Gegensatze herumzuschlagen, dessen affirmative Aushilfe durch vielmehr unmittelbares Wissen, Glauben, Fühlen usf. wir in den ersten Vorlesungen vorgenommen hatten. Wir haben diese Gestalt der Form schon deswegen hier beiseite zu lassen; aber es ist noch späterhin eine Reflexion auf die Kategorien derselben zu machen. Die Form ist hier näher in der Weise zu betrachten, wie sie in dem Beweise, den wir zum Gegenstande haben, vorhanden ist.
Erinnern wir uns des vorgetragenen förmlichen Schlusses, so heißt der eine Teil des einen Satzes (des Obersatzes): "Wenn das Zufällige ist", und dies wird direkter im anderen Satze ausgedrückt: "es ist eine zufällige Welt", indem in jenem Satze die Bestimmung der Zufälligkeit nur wesentlich in ihrem Zusammenhange mit dem Absolut-Notwendigen gesetzt ist, jedoch gleichfalls als seiendes Zufälliges. Der zweite Satz oder diese Bestimmung des Seienden auch im ersten ist es, in welchem der Mangel liegt, und zwar so, daß er unmittelbar an ihm selbst widersprechend ist, an ihm selbst sich als eine unwahre Einseitigkeit zeigt. Das Zufällige, Endliche wird als ein Seiendes ausgesprochen, aber die Bestimmung desselben ist vielmehr, ein Ende zu haben, zu fallen, ein Sein zu sein, das nur den Wert einer Möglichkeit hat, ebensogut ist als nicht ist.
Dieser Grundfehler findet sich in der Form des Zusammenhangs, die ein gewöhnlicher Schluß ist. Ein solcher hat ein stehendes Unmittelbares in seinen Prämissen überhaupt, Voraussetzungen, die als Erstes nicht nur, sondern als seiendes, bleibendes Erstes ausgesprochen sind, womit das Andere als Folge etwa, Bedingtes usf., überhaupt so zusammenhängt, daß die beiden zusammengehängten Bestimmungen ein äußerliches, endliches Verhältnis zueinander bilden - in welchem jede der beiden Seiten in Beziehung mit der anderen ist, was eine Bestimmung derselben ausmacht -, aber zugleich auch für sich außer ihrer Beziehung Bestehen haben. Die in sich schlechthin eine Bestimmung, welche in jenem Satze die beiden Unterschiedenen zusammen ausmachen, ist das Absolut-Notwendige, dessen Namen sogleich es als das Einzige, was wahrhaft ist, als die einzige Wirklichkeit ausspricht; dessen Begriff haben wir gesehen, daß er die in sich zurückgehende Vermittlung, die Vermittlung nur mit sich durch das Andere, von ihm Unterschiedene, das eben in dem Einen, dem Absolut-Notwendigen, aufgehoben, als Seiendes negiert, nur als Ideelles aufbewahrt ist. Außer dieser absoluten Einheit mit sich sind aber in der Art des Schlusses auch außerhalb voneinander die zwei Seiten der Beziehung als Seiende aufbehalten; das Zufällige ist. Dieser Satz widerspricht sich in sich selbst wie dem Resultate, der absoluten Notwendigkeit, welche nicht auf eine Seite nur gestellt, sondern das ganze Sein ist.
Wenn also von dem Zufälligen angefangen wird, so ist von demselben nicht als von einem, das festbleiben soll, auszugehen, so daß es im Fortgange als seiend belassen wird - dies ist seine einseitige Bestimmtheit -, sondern es ist mit seiner vollständigen Bestimmung zu setzen, daß ihm ebensosehr das Nichtsein zukomme und daß es somit als verschwindend in das Resultat eintrete. Nicht weil das Zufällige ist, sondern vielmehr, weil es ein Nichtsein, nur Erscheinung, sein Sein nicht wahrhafte Wirklichkeit ist, ist die absolute Notwendigkeit; diese ist sein Sein und seine Wahrheit.
Dies Moment des Negativen liegt nicht in der Form des Verstandesschlusses, und darum ist er in diesem Boden der lebendigen Vernunft des Geistes mangelhaft, - in dem Boden, worin selbst die absolute Notwendigkeit als das wahre Resultat gilt, als dies, daß sie sich wohl durch Anderes, aber durch Aufheben desselben sich mit sich selbst vermittelt. So ist der Gang jenes Erkennens der Notwendigkeit verschieden von dem Prozesse, welcher sie ist; solcher Gang ist darum nicht als schlechthin notwendige, wahrhafte Bewegung, sondern als endliche Tätigkeit, ist nicht unendliches Erkennen, hat nicht das Unendliche - dies ist nur als diese Vermittlung mit sich durch die Negation des Negativen - zu seinem Inhalte und zu seinem Tun.
Der Mangel, der in dieser Form des Schließens aufgezeigt worden, hat, wie angegeben ist, den Sinn, daß in dem Beweise vom Dasein Gottes, den er ausmacht, die Erhebung des Geistes zu Gott nicht richtig expliziert ist. Vergleichen wir beide, so ist diese Erhebung allerdings gleichfalls das Hinausgehen über das weltliche Dasein als über das nur Zeitliche, Veränderliche, Vergängliche; das Weltliche ist zwar als Dasein ausgesagt und von ihm angefangen, aber indem es wie gesagt, als das Zeitliche, Zufällige, Veränderliche und Vergängliche bestimmt ist, ist sein Sein nicht ein Befriedigendes, nicht das wahrhaft Affirmative; es ist als das sich aufhebende, negierende bestimmt. Es wird in dessen Bestimmung, zu sein, nicht beharrt, vielmehr ihm nur ein Sein zugeschrieben, das mehr nicht als den Wert eines Nichtseins hat, dessen Bestimmung das Nichtsein seiner, das Andere seiner, somit seinen Widerspruch, seine Auflösung, Vergehen in sich schließt. Wenn es auch scheinen mag oder auch der Fall sein kann, daß dem Glauben doch dieses zufällige Sein als eine Gegenwart des Bewußtseins auf der einen Seite stehenbleibt, der anderen, dem Ewigen, an und für sich Notwendigen gegenüber, als eine Welt, über der der Himmel ist, so kommt es nicht darauf an, daß eine doppelte Welt vorgestellt wird, sondern mit welchem Werte; dieser ist aber darin ausgedrückt, daß die eine die Welt des Scheins, die andere die Welt der Wahrheit ist. Indem die erstere verlassen und zu der anderen nur so übergegangen wird, daß jene auch noch diesseits stehenbleibt, so ist doch im religiösen Geiste nicht der Zusammenhang vorhanden, als ob sie mehr als nur ein Ausgangspunkt, als ob sie als ein Grund festgestellt wäre, dem ein Sein, Begründen, Bedingen zukäme. Die Befriedigung, alle Begründung jeder Art, findet sich vielmehr in die ewige Welt gelegt als in das an und für sich Selbständige. Wogegen in der Gestalt des Schlusses das Sein beider auf gleiche Weise ausgedrückt; sowohl in dem einen Satze des Zusammenhangs: "Wenn eine zufällige Welt ist, so ist auch ein Absolut-Notwendiges", als in dem anderen, worin als Voraussetzung ausgesprochen wird, daß eine zufällige Welt ist, und dann in dem dritten, dem Schlußsatze: "Also ist ein Absolut-Notwendiges".
Über diese ausdrücklichen Sätze können noch etliche Bemerkungen hinzugefügt werden. Nämlich erstens: bei dem letzten Satz muß sogleich die Verbindung der zwei entgegengesetzten Bestimmungen auffallen: "Also ist das Absolut-Notwendige"; "Also" drückt die Vermittlung durch Anderes aus, ist aber die Unmittelbarkeit und hebt jene Bestimmung sogleich auf, die, wie angeführt worden, dasjenige ist, weswegen man solches Erkennen über das, was dessen Gegenstand ist, für unzulässig erklärt hat. Das Aufheben der Vermittlung durch Anderes ist aber nur an sich vorhanden; die Darstellung des Schlusses spricht dieselbe vielmehr ausdrücklich aus. Die Wahrheit ist eine solche Macht, daß sie auch am Falschen vorhanden ist und es nur einer richtigen Bemerkung oder Hinsehens bedarf, um das Wahre an dem Falschen selbst zu finden oder vielmehr zu sehen. Das Wahre ist hier die Vermittlung mit sich durch die Negation des Anderen und der Vermittlung durch Anderes; die Negation ebensowohl der Vermittlung durch Anderes als auch der abstrakten, vermittlungslosen Unmittelbarkeit ist in jenem "Also ist" vorhanden.
Ferner, wenn der eine Satz dieser ist: "das Zufällige ist", der andere: "das an und für sich Notwendige ist", so ist wesentlich darauf reflektiert worden, daß das Sein des Zufälligen einen ganz verschiedenen Wert hat von dem an und für sich notwendigen Sein; jedoch ist Sein die gemeinschaftliche und eine Bestimmung in beiden Sätzen. Der Übergang bestimmt sich hiernach nicht als von einem Sein in ein anderes Sein, sondern als von einer Gedankenbestimmung in eine andere. Das Sein reinigt sich von dem ihm unangemessenen Prädikate der Zufälligkeit; Sein ist einfache Gleichheit mit sich selbst, die Zufälligkeit aber das in sich schlechthin ungleiche, sich widersprechende Sein, welches erst in dem Absolut-Notwendigen zu dieser Gleichheit mit sich selbst wieder hergestellt ist. Hieran unterscheidet sich also bestimmter dieser Gang der Erhebung oder diese Seite des Beweisens von der angegebenen anderen, daß in jenem Gang die Bestimmung, welche zu beweisen ist oder welche resultieren soll, nicht das Sein ist; das Sein ist vielmehr das in beiden Seiten gemeinschaftlich Bleibende, das sich von der einen in die andere kontinuiert. In dem anderen Gange dagegen soll vom Begriffe Gottes zu seinem Sein übergegangen werden; dieser Übergang scheint schwerer als der von einer Inhaltsbestimmtheit überhaupt, was man einen Begriff zu nennen pflegt, zu einem anderen Begriffe, zu einem homogeneren also, als der Übergang vom Begriffe zum Sein zu scheinen pflegt.
Es liegt hierbei die Vorstellung zugrunde, daß Sein nicht selbst auch ein Begriff oder Gedanke sei; in diesem Gegensatze, worin es für sich, isoliert herausgesetzt ist, haben wir es an der betreffenden Stelle bei jenem Beweise zu betrachten. Hier aber haben wir es zunächst noch nicht abstrakt für sich zu nehmen; daß es das Gemeinschaftliche der beiden Bestimmungen, des Zufälligen und des Absolut-Notwendigen ist, ist eine Vergleichung und äußerliche Abtrennung desselben von ihnen, und zunächst ist es in der ungetrennten Verbindung mit jeder, zufälliges Sein und absolut-notwendiges Sein. In dieser Weise wollen wir die angegebene Gestalt [des Beweises] noch einmal vornehmen und den Unterschied des Widerspruchs, den er nach den zwei entgegengesetzten Seiten, der spekulativen und der abstrakten, verständigen, erleidet, daran noch näher herausheben.
Der angegebene Satz spricht folgenden Zusammenhang aus:
Weil das zufällige Sein ist, so ist das absolut-notwendige Sein.
Nehmen wir diesen Zusammenhang einfach, ohne ihn durch die Kategorie eines Grundes und dergleichen näher zu bestimmen, so ist er nur dieser:
Das zufällige Sein ist zugleich das Sein eines Anderen, des absolut-notwendigen Seins.
Dieses Zugleich erscheint als ein Widerspruch, dem die zwei selbst entgegengesetzten Sätze als die Auflösungen entgegengestellt werden; der eine:
Das Sein des Zufälligen ist nicht sein eigenes Sein, sondern nur das Sein eines Anderen, und zwar bestimmt seines Anderen, des Absolut-Notwendigen;
der andere:
Das Sein des Zufälligen ist nur sein eigenes Sein und nicht das Sein eines Anderen, des Absolut-Notwendigen.
Der erste Satz ist als der wahrhafte Sinn, den auch die Vorstellung bei dem Übergange habe, nachgewiesen worden; den spekulativen Zusammenhang, der in den Gedankenbestimmungen, welche die Zufälligkeit ausmachen, selbst immanent ist, werden wir weiterhin noch vornehmen. Aber der andere Satz ist der Satz des Verstandes, auf welchen sich die neuere Zeit so festgesetzt hat. Was kann verständlicher sein, als daß irgendein Ding, Dasein, so auch das Zufällige, da es ist, sein eigenes Sein ist, eben das bestimmte Sein ist, welches es ist, und nicht vielmehr ein anderes! Das Zufällige wird so für sich festgehalten, getrennt von dem Absolut-Notwendigen.
Noch geläufiger ist, für die zwei Bestimmungen die des Endlichen und Unendlichen zu gebrauchen und das Endliche so für sich, isoliert von seinem Anderen, dem Unendlichen, zu nehmen. Es gibt darum, wird gesagt, keine Brücke, keinen Übergang vom endlichen Sein zu dem unendlichen, das Endliche bezieht sich schlechthin nur auf sich, nicht auf sein Anderes. Es ist ein leerer Unterschied, der zwischen Erkennen als Form gemacht würde. Es ist mit Recht, daß eben die Unterschiedenheit beider zum Grunde von Schlüssen gemacht wird - Schlüssen, die zunächst das Erkennen als endlich voraussetzen und eben daraus folgern, daß dies Erkennen das Unendliche nicht erkennen könne, weil es dasselbe nicht zu fassen vermöge so wie umgekehrt gefolgert wird, wenn das Erkennen das Unendliche erfaßte, so müßte es selbst unendlich sein; dies sei es aber anerkanntermaßen nicht, also vermöge es nicht das Unendliche zu erkennen. Sein Tun ist bestimmt, wie sein Inhalt. Endliches Erkennen und unendliches Erkennen geben dasselbe Verhältnis wie Endliches und Unendliches überhaupt, - nur daß unendliches Erkennen sogleich noch mehr gegen das andere zurückstoßend ist als das nackte Unendliche und noch unmittelbarer auf die Scheidung beider Seiten hinweist, so daß nur die eine, endliches Erkennen bleibe. Hiermit ist alles Verhältnis der Vermittlung hinweg, in welches sonst das Endliche und das Unendliche als solches gesetzt werden können, wie das Zufällige und das Absolut-Notwendige. Die Form des Endlichen und Unendlichen ist in dieser Betrachtung mehr gang und gäbe geworden. Jene Form ist abstrakter und erscheint darum als umfassender als die erstere; dem Endlichen überhaupt und dem endlichen Erkennen wird wesentlich auch außer der Zufälligkeit die Notwendigkeit als Fortgang an der Reihe von Ursachen und Wirkungen, Bedingungen und Bedingten hiermit sogleich zugeschrieben, die von uns früher als äußere Notwendigkeit bezeichnet worden, und [sie wird] gemeinschaftlich unter dem Endlichen befaßt; ohnehin wird sie in Rücksicht auf das Erkennen allein verstanden, aber, unter das Endliche befaßt, ganz ohne Mißverstand, der durch die Kategorie des Absolut-Notwendigen herbeigeführt werden kann, dem Unendlichen entgegengestellt.
Wenn wir daher gleichfalls bei diesem Ausdruck bleiben, so haben wir für das Verhältnis von Endlichkeit und Unendlichkeit, bei dem wir stehen, das ihrer Verhältnislosigkeit, Beziehungslosigkeit. Wir befinden uns bei der Behauptung, daß das Endliche überhaupt und das endliche Erkennen unvermögend sei, das Unendliche überhaupt wie in seiner Form als absolute Notwendigkeit zu fassen - oder auch aus den Begriffen der Zufälligkeit und Endlichkeit, von denen dasselbe ausgehe, das Unendliche zu begreifen. Das endliche Erkennen ist darum endlich, weil es in endlichen Begriffen sich befindet, und das Endliche, darunter auch das endliche Erkennen, bezieht sich nur auf sich selbst, bleibt nur bei sich stehen, weil es nur sein Sein, nicht das Sein eines Anderen überhaupt, am wenigsten seines Anderen ist. Dies ist der Satz, auf den so viel gepocht wird: es gibt keinen Übergang vom Endlichen zum Unendlichen, so auch nicht vom Zufälligen zum Absolut-Notwendigen oder von den Wirkungen zu einer absolut ersten, nicht endlichen Ursache; es ist schlechthin eine Kluft zwischen beiden befestigt.
*) Friedrich Heinrich Jacobi, Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn, neue verm. Ausgabe, Breslau 1789, VII. Beilage
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